Das Zungenpiercing
Das Zungenpiercing ist eines der häufigsten und damit beliebtesten Piercings unserer Zeit. Das hat es sicher nicht nur der Tatsache zu verdanken, dass es im Mund „gut versteckt“ und nicht dauerhaft sichtbar ist, sondern auch den Vorzügen seiner Funktionalität. Dazu kommt die meist unkomplizierte Abheilung des Zungenpiercings und der recht pflegeleichte Umgang.
Die Geschichte des Zungenpiercing
Das Zungenpiercing kann man durchaus ursprünglich als rituelles Piercing bezeichnen, auch wenn es dabei nicht mit Schmuck für das dauerhafte Tragen bestückt wurde. In Ländern wie Indien, Malaysia und Thailand werden auch heute noch jährlich Feste und Zeremonien gefeiert bei denen die Teilnehmer sich in eine Art Trance begeben und ihre Zungen und andere Körperteile mit Spießen und Gegenständen aller Art durchstechen. Eine der bekanntesten Zeremonien dieser Art ist das Vegetarian Festival in Phuket.
Verschiedene Naturvölker wie z.B. die Aborigines Australiens und die mesoamerikanischen Kulturen Mittelamerikas durchstachen oder schnitten sich ebenfalls, wie man heute weiß, die Zunge. Leider ist über die Riten der „Heiligen Männer“ der Aborigines heute nur sehr wenig bekannt, aber man weiß, dass bei den Azteken das Zungenpiercing anlässlich verschiedener Zeremonien z.B. als Blutopfer an die Götter, geschah. Auch für die Fakire und Sufis des Islam im Mittleren Osten und Asien war das Piercen der Zunge ein Weg um in Trance zu kommen oder ihren Trancezustand nach außen hin sichtbar zu machen.
Anfang des letzten Jahrhunderts kamen diese rituellen Praktiken dann durch die Zirkus Sideshows und Freak-Shows auch zu uns. Bis heute wird in solchen Darbietungen das mehr oder weniger spektakuläre Durchstechen und Schneiden der Zunge gerne gezeigt; zum Einen nutzt man die gute Durchblutung der Zunge (und die optische Vermehrung der Blutmenge durch Speichel), um schockierende „Bloodplay-Showeffekte“ in Freakshows zu erzielen, zum Anderen macht man sich den weitverbreiteten Irrglauben zu Nutze, dass das Durchstechen der Zunge sehr schmerzhaft sein muss. Die Realität sieht in der Regel jedoch anders aus, das Stechen des Zungenpiercings ist lange nicht so schmerzhaft wie man es sich im Vorfeld denken mag – obwohl selbstverständlich jeder Schmerzen anders empfindet.
Lässt man die rituellen Piercings der Zunge mal außen vor, wird es schwer einen „Ursprung“ des Zungenpiercings als Schmuck festzulegen. In der einzigen zeitgeschichtlichen Dokumentation der Bodyart unserer Zeit – dem PFIQ – datiert sich das erste im Sinne vom heutigen Piercing gestochene Zungenpiercing auf 1978 und es wurde Tattoo Sammy (Horst Heinrich Streckenbach, * 5. August 1925 in Weißwasser/Oberlausitz, † 27. Juni 2001 in Frankfurt am Main) gestochen.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Hinweise und Belege das im Bereich der Zirkus Sideshow auch schon lange vorher vereinzelt eine Art von Barbell in der Zunge getragen wurde. Vermutlich in ausgeheilten Zungenpiercings um diese in den Shows effektvoll einzusetzen. Das Zungenpiercing so wie wir es heute kennen als Schmuck und „Funktions-Piercing“ (es ergeben sich durchaus schöne Effekte beim Küssen usw.) ist also eher in der jüngeren Vergangenheit zu suchen und geht auf das Konto der „üblichen Verdächtigen“ und Piercing Pioniere der US Westküste. Das erste wirklich bekannt gewordene Zungenpiercing und Multiple Zungenpiercing waren dann auch die von Elayne Angel (Rings of Desire).
Die Anatomie mit Zungenpiercing
Die Zunge ist ein länglicher, von Schleimhaut überzogener Muskelkörper und besteht aus mehreren Muskelbündeln bzw. Fasern. Diese Bündel sind in alle 3 Raumrichtungen angeordnet und sind jeweils für eine bestimmte Bewegung der Zunge zuständig und ermöglichen dadurch die große Beweglichkeit. Nur ca. ein Drittel der Zunge wird als solche wahrgenommen, da sich der gesamte Zungenkörper über die Zungenwurzel bis zum Zungenbein, welches im oberen Teil des Halses liegt, erstreckt. So erklärt es sich auch, dass es bei einer Schwellung der Zunge ebenfalls zu „Halsweh“ und Schluckbeschwerden kommen kann.
Die Oberseite der Zunge ist etwas gewölbt, liegt ganz frei und zeigt hinten eine dreieckige Vertiefung, das blinde Loch, in dem sich mehrere Schleimdrüsen öffnen. Die untere Fläche ist mit ihrem mittleren Teil an den Boden der Mundhöhle angewachsen. Wegen einer Falte in der Mitte, dem Zungenbändchen, sind nur die Spitze und die Seitenränder frei beweglich. Ist das Zungenbändchen zu weit vorne, so wird dadurch die Beweglichkeit erheblich eingeschränkt und ein Piercing ist in diesem Fall meist nicht möglich. Ein so hinderliches Zungenbändchen kann durch einen Schnitt (Zungenlösung) mit einem kleinen Eingriff durch einen Arzt verkürzt werden. Das Zungenbändchen selber kann, genau wie das Lippenbändchen, auch gepierced werden.
Die Mittellinie der Zunge bildet eine Art senkrechter Scheidewand an der in der Regel ein Zungenpiercing vertikal durch die Zunge platziert wird. Durch die Zunge verlaufen zahlreiche Nerven und Blutgefäße, die beim Piercing möglichst unverletzt bleiben sollten– ein Grund weshalb ein Zungenpiercing unbedingt von einem erfahrenen Piercer durchgeführt werden sollte.
Auf der Oberseite der Zunge befinden sich verschiedene Sensoren, die so genannten Papillen. Diese teilen sich in die mechanischen Papillen für z.B. Tastempfindung und die Geschmackspapillen für die Unterscheidung verschiedener Geschmäcker. Diese Papillen wiederum sind mit den einzelnen Geschmacksnerven verbunden. Entgegen der früheren Ansicht die Geschmacksempfindung teile sich auf in bestimmte Regionen der Zunge (süß und salzig an der Zungenspitze, sauer an der Zungenseite und bitter an der Zungenbasis), weiß man heute, dass dem nicht so ist. Die verschiedenen Geschmacksrichtungen können mit allen sensorischen Bereichen der Zunge erkannt werden, lediglich Bittergeschmack hat eine Häufung am Zungenhintergrund und Sauergeschmack an den Zungenrändern. Entgegen dem weit verbreiteten Vorurteil man könne durch ein Zungenpiercing den Geschmack verlieren ist bis heute kein solcher Fall bekannt. Die dafür notwendigen Nervenschäden gehen auch über ein normales Piercing hinaus; derart schwerwiegende Folgeschäden treten, wenn überhaupt nur durch das konsequente Ignorieren einer Entzünd
ung oder anderer Probleme während der Heilung auf. Wie bei jedem Piercing gilt auch beim Zungenpiercing, dass die Gesundheit auf jeden Fall Vorrang hat und man nicht um jeden Preis versuchen sollte ein Piercing zu
behalten. Ist es falsch platziert oder entzündet oder macht andere Probleme sollte man umgehend seinen Piercer oder direkt den Arzt aufsuchen.
Nicht nur das Zungenpiercing, sondern auch die Pflege während der Abheilung und der Umgang mit dem ausgeheilten Zungenpiercing sollte stets mit großer Sorgfalt geschehen. Die Zunge erfüllt wichtige Funktionen beim Kauen, Schlucken, Schmecken und Sprechen; dazu kommt die Gefährdung der
Zähne durch den getragenen Schmuck. Bei Unachtsamkeit im Umgang oder zu viel Spielerei mit dem Schmuck an den Zähnen kann es zu ernsten Zahnproblemen bzw. Schäden am Zahnschmelz kommen.
Die verschiedenen Zungenpiercings
Das gängigste Piercing der Zunge ist sicherlich das vertikal in der Mitte platzierte, „klassische Zungenpiercing“. Als Schmuck kommt in der Regel ein gerader Stab mit Kugeln, der so genannte Barbell, zum Einsatz. Das Zungenpiercing darf nicht zu weit vorne angesetzt werden da sonst mit Spracheinschränkungen zu rechnen ist und die Zähne durch das dann oft nicht zu verhindernde Anschlagen der Kugeln beschädigt werden. Wird das Piercing zu weit hinten gesetzt, können Schluckbeschwerden auftreten und da die Zunge im hinteren Bereich dicker ist verlängert sich die Abheilzeit des Zungenpiercings unnötig. Meist ist ohnehin das Zungenband im hinteren Bereich der Zunge im Weg, so dass eine Platzierung zu weit hinten erschwert wird. In manchen Fällen ist das Zungenband, wie oben bereits beschrieben, stark ausgeprägt und bis an die Zungenspitze angewachsen. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten; entweder das Piercing wird schräg gestochen oder das Zungenband wird von einem Arzt durchtrennt um dann später ein „normales“ Zungenpiercing stechen zu können.
Abseits der Zungenmitte – rechts und links des Zungenbandes – verlaufen dickere Adern, die nicht verletzt werden sollten. Die meisten Piercer stechen daher das Piercing von der Unterseite nach oben, es kann aber durchaus auch anders herum gestochen werden. Man sollte diese Entscheidung dem Piercer überlassen, je nach dem welche Art für ihn der geübte und bessere Weg ist. Tatsächliche Nachteile oder Probleme ergeben sich aus der Stichrichtung des Piercings nicht.
Abhängig von der Anatomie gibt es die verschiedensten Möglichkeiten des Zungenpiercings, auch das mehrfache Piercen der Zunge ist oft kein Problem. So sind zwei oder gar drei und mehr Piercings hintereinander oder versetzt nebeneinander oft kein Problem. Die Zunge kann also seitlich wie auch horizontal gepierced werden. Allerdings ist zu beachten, dass je länger der Stichkanal und je stärker die Belastung der Stelle durch die „Arbeit“ der Zunge, desto länger ist die Abheilzeit. Ein horizontales Zungenpiercing ist aus guten Gründen eher selten und wir raten davon ab. Auf der einen Seite ist es ein ziemlich intensives Piercing mit langem Stichkanal, der schon deutlich mehr Zeit beim Stechen benötigt und dadurch natürlich auch mehr schmerzt als ein vertikales Zungenpiercing. Auf der anderen Seite ist nicht jede Zunge für ein horizontales Piercing geeignet, da durch das Piercing die Sprachfunktion nicht wesentlich eingeschränkt werden sollte. Man muss also vor dem Piercen die Bewegung der Zunge beim Sprechen analysieren und entsprechend eine Platzierung wählen, die diese nur minimal beeinträchtigt. Dazu kommt eine deutlich stärkere Belastung der Zähne durch die Kugeln, bzw. die Enden des Stabs, da diese dann in der Regel in direktem Kontakt zu den seitlichen Zähnen liegen.
Ähnlich wie beim horizontalen Zungenpiercing sieht es mit Surfacepiercings in der Zunge aus. Auch diese sind eher selten aber durchaus möglich, neigen allerdings zum Herauswachsen und schränken ebenfalls stärker die Beweglichkeit der Zunge ein als z.B. zwei vertikale Piercings. Letzteres ist eine weniger riskante und schicke Alternative zum „einfachen Zungenpiercing“ und wenn es die Anatomie hergibt kein besonders großer Eingriff. Werden zwei Barbells rechts und links der Mitte parallel zueinander platziert, spricht man von einem Venom Piercing (oder auch „Snakebite“ benannt nach den Giftzähnen einer Schlange). In ausgeheilten Zungenpiercings kann durchaus auch ein Ring getragen werden, die übermäßige Belastung der Zähne durch den Kontakt des Rings spricht allerdings eher dagegen.
Eine Alternative ist ein Orbital, also die Verbindung zweier Zungenpiercings durch einen Ring. Wegen möglicher Schwellung sollte das allerdings immer mit einem passenden Ring ohne übermäßige Reizung der Zunge und an stressfreien und ausgeheilten Stichkanälen erfolgen – sonst kann es schnell zu einem Problem kommen! So richtig chic sieht das wegen des „Einsinkens“ des Rings ins Gewebe meistens ohnehin nicht aus, also sei auch das eher der Vollständigkeit halber erwähnt als das es die Regel oder eine echte Anregung es auszuprobieren wäre.
Die Anzahl der möglichen Piercings in einer Zunge hängt im Prinzip einzig von der Größe der Zunge und dem Verlauf der Adern und des Zungenbändchens ab, allerdings – und das gilt auch für das Dehnen eines Zungenpiercings – kommt man ab einer gewissen Menge an ein Limit wo die Funktion der Zunge leidet. Ob man sich das antun möchte sei gut überlegt.
Die in Deutschland gängige Schmuckstärke für den Ersteinsatz und den meist getragenen Schmuck fürs Zungenpiercing ist 1.6mm, alternativ findet auch eine Stärke von 2.0mm oder 2.4mm häufiger Anwendung. Je nachdem ob man vorhat sein Zungenpiercing in der Stärke zu tragen oder später zu dehnen, macht es Sinn direkt in den dickeren Stärken zu piercen.
Die Pflege des Zungenpiercings
Da die Zunge nach dem Stechen extrem anschwellen kann, wird der Schmuck für den Ersteinsatz in der Regel in einer Länge um die 20mm eingesetzt. Dieser Schmuck sollte allerdings nicht dauerhaft getragen werden und wird vom Piercer in einem angemessenen Zeitraum durch einen passenden Stab ersetzt. Beim Essen ist also während dieser ersten Zeit mit dem längeren Stab Vorsicht geboten. Da sich das Essen mit frischem Piercing jedoch oft ohnehin nicht ganz so einfach gestaltet, stellt sich die nötige Umsicht in der Regel ohnehin ein.
Kommen wir zu ein paar „Gerüchten“ und ultimativen (falschen) Tipps zum Zungenpiercing, die so durch Foren und Webseiten geistern. Quatsch ist, dass sich durch das Essen von Ananas eine Schwellung verhindern lässt.
Die Ananas enthält zwar das Enzym Bromelain, welches Schwellungen mindern soll, allerdings wirkt es auch blutverdünnend und ist in der Frucht selbst in zu geringer Konzentration enthalten um bedeutsam zu sein. Dazu kommt, dass nach dem Stechen des Zungenpiercings das Essen ohnehin etwas schwerer fällt und Fruchtsäuren besser gemieden werden sollten. Auch entsprechende Präparate können oft weniger angenehme Nebenwirkungen haben und verhindern ein Anschwellen der Zunge nicht zuverlässig.
Ein weiterer Tipp, der oft gegeben wird, ist die Zunge nach dem Stechen zu kühlen, z.B. mit Eiswürfeln aus Kamillentee. Das ist zwar evtl. angenehm weil die Kälte zur Schmerzlinderung taugt, ist aber kontraproduktiv für die Heilung einer frischen Wunde (und das ist das Zungenpiercing ja). Die Kälte verengt die Blutgefäße und vermindert den Stoffwechsel und damit die Menge der infolge der Verletzung ins Gewebe austretenden Flüssigkeit. Dadurch wird die Bildung einer Schwellung zwar vermindert, aber mit der verringerten Gewebeflüssigkeit werden auch all diejenigen Stoffe weniger die darin enthalten und notwendig sind, damit die körpereigenen Reparaturmechanismen in Gang kommen. Dazu kommt, dass starke Kälte das Gewebe schädigen kann, was zu einer Verstärkung der Entzündungsreaktion und damit zu einer Verstärkung des Flüssigkeitsaustritts ins Gewebe führt. Außerdem kommt es nach dem intensiven Kühlen zu einer verstärkten Durchblutung, also Erwärmung der verletzten Stelle, die eigentlich gekühlt werden sollte. Vom Eiswürfel lutschen kann also nur abgeraten werden. Vielmehr ist eine maßvolle Kühlung angebracht, das lindert ebenfalls evtl. auftretende Schmerzen und mindert eine Schwellung ausreichend. Ideal dafür ist Wasser oder ungezuckerter, kühler Kamillentee. Auf keinen Fall sollte man Milch oder Milchprodukte zu sich nehmen, da diese die Wundheilung im Mund hemmen.
Nach jedem Essen sollte der Mund ohnehin mit Wasser gespült werden um zu Verhindern, dass Essensreste sich am Zungenpiercing absetzen und den Mund so sauber zu halten.
Auf oralen Kontakt zu anderen Personen sollte während der Heilphase am besten ganz verzichtet werden, ebenso auf das Rauchen, Kaffee und heiße, scharfe, sehr süße und saure Speisen und Getränke, sowie alkoholische Getränke. Die Pflegeanleitung des Piercers sollte befolgt werden, das bedeutet in der Regel mindestens 2 mal pro Tag eine desinfizierende Mundspülung anwenden, keine blutverdünnenden Medikamente zu sich nehmen und das Berühren des frischen Piercings oder der Zunge mit ungewaschenen Händen vermeiden. Es ist ratsam viel zu trinken, am besten Mineralwasser oder, wie oben bereits erwähnt, Kamillentee. Gerade vor dem Schlafen gehen vermindert das ein Anschwellen der Zunge über Nacht. Beim Schlafen und Liegen sollte man darauf achten den Kopf hoch zu legen, auch das mindert eine Schwellung.
Eine vermehrte Speichel- und Belagbildung auf der Zunge in den Tagen nach dem Stechen des Piercings ist normal. Der Körper reagiert damit auf die Wunde und den Fremdkörper (Piercingschmuck) im Mund; das lässt aber mit der Zeit nach und ist kein Grund zur Sorge.
Der Zungenpiercing Schmuckwechsel
Nach ca. 14 Tagen wird der Piercer beim Nachsorgetermin beurteilen, falls es nicht zu Komplikationen gekommen ist, ob es bereits an der Zeit ist einen kürzeren Stab einzusetzen und wird das ggf. dann auch tun. Der erste Wechsel des Schmucks sollte, wenn es geht, vom Piercer vorgenommen werden und gehört eigentlich zum Leistungsumfang eines Zungenpiercings dazu. Nach ca. weiteren vier Wochen dürfte das Piercing dann verheilt sein und man kann, falls gewünscht, langsam und vorsichtig damit beginnen evtl. anderen Schmuck zu tragen. Allerdings sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass wie bei fast jedem Piercing der Schmuckwechsel ein wenig Übung braucht und immer mit größtmöglicher Hygiene vorgenommen werden sollte. Von einem Wechsel des Stabs sollte man fürs Erste absehen, denn ist man ungeübt kann es passieren, dass man mit dem neuen Schmuck den Stichkanal nicht trifft oder findet und dann bleibt nur noch der Weg zum Piercer.
Bei der Schmuckauswahl sollte man darauf achten, dass man im gesamten Mundraum keine unterschiedlichen Metalle verwendet. Durch das gemeinsame „Bad“ in der elektrolyten Flüssigkeit des Mundes kann es durchaus zur galvanischen Korrosion kommen. Ein oder mehrere der Metalle werden so angegriffen und die Oberfläche verändert sich, Reizungen des Gewebes und beschädigter Zungenpiercing Schmuck wären die möglichen Folgen. Damit sind wir auch schon bei den Risiken des Zungenpiercings.
Die Risiken des Zungenpiercing
Wie jedes Piercing bringt auch das Zungenpiercing einige Risiken mit sich. Beim unsachgemäßen Stechen können größere Blutgefäße verletzt werden, was starke Blutungen nach sich ziehen kann. Um allerdings auf diesem Wege ernsthaften Schaden durch ein Zungenpiercing zu erleiden muss schon derart unsachgemäß gearbeitet werden, dass man nicht mehr von einem Piercing sprechen kann. Wie bei jedem Piercing gilt auch hier bei Komplikationen oder ungewollten und größeren Verletzungen umgehend einen Arzt aufsuchen – um jeden Preis das Zungenpiercing behalten wollen oder Scham sind hier fehl am Platz!
Das größere Risiko, wie bei vielen Mundraum Piercings sind auch beim Zungenpiercing die Langzeitschäden am Zahn und Zahnschmelz. Diese entstehen zum Beispiel durch das „Spielen“ mit metallenem Schmuck an den Zähnen oder durch versehentliches Draufbeissen (passiert eigentlich nur beim längeren Stab des Ersteinsatzes; sonst sollte der Stab eher nicht im Weg sein). Zahnärzte sehen oft generell ungern Schmuck im Mund, wenn allerdings konkreter Schaden droht oder Zähne beschädigt sind und der Arzt empfiehlt den Schmuck aus dem Zungenpiercing heraus zu nehmen sollte man das auch tun. Bestehen Zweifel am kausalen Zusammenhang, sollte man sich die Meinung eines zweiten Mediziner zusätzlich einholen. In jedem Falle sind gesunde Zähne aber wichtiger als ein Piercing in der Zunge. Um Zahnschäden von vornherein zu vermeiden, kann man selbstverständlich auch grundsätzlich auf Metall verzichten und im Zungenpiercing Schmuck aus Kunststoff tragen.
Wenn das oder die Zungenpiercing (s) falsch platziert wurden oder falscher Schmuck getragen wird, kann es neben der Gefährdung der Zähne auch zu einer Einschränkung der Beweglichkeit der Zunge und damit zu einer Sprachbeeinflussung kommen.
Bei Operationen, die eine Anästhesie erfordern, muss das Zungenpiercing in der Regel entfernt werden. Auch hier gilt es den ärztlichen Anweisungen zu folgen, die Gesundheit und ein reibungsloser OP Ablauf haben hier klar Vorrang. Selbst wenn sich der Stichkanal schließt, kann man sich für wenig Geld anschließend wieder die Zunge piercen lassen oder vom Piercer den alten Stichkanal des Zungenpiercings mit geübter Hand und einem Taper wieder „öffnen“ lassen. Ein etwas theoretisches Risiko der Unfallmedizin soll hier nicht ungenannt werden, das Zungenpiercing kann bei einer Intubation durch den Mund ein Problem darstellen. Man kann allerdings davon ausgehen das ein Notfallmediziner durch die weite Verbreitung von Zungenpiercing mittlerweile mit einem solchen umzugehen weiß und sich mit dem Tubus der in den Mund eingeführt wird nicht am Piercing verhakt.
Die Gefahr nach einem Zungenpiercing an der auftretenden Schwellung ersticken zu können ist extrem unwahrscheinlich, soll hier aber nicht unbeachtet bleiben. Das Anschwellen der Zunge alleine reicht in der Regel nicht aus um die Atemwege zu blockieren. Dennoch kann es im Zusammenspiel mit Medikamenten, Allergien oder Schwellungen anderer Mundpartien durchaus dazu kommen. In einem solchen Fall, bzw. schon im Fall das die Atmung schwer fällt, sollte man sofort einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen.
Das Zungenpiercing Dehnen
Wenn das Zungenpiercing abgeheilt ist, lässt es sich wie viele andere Piercings auch schrittweise dehnen. Hierbei sollte man sehr vorsichtig vorgehen und die Pausen zur Geweberegeneration einhalten. Größere Verletzungen des Stichkanals können zu einer erneuten Schwellung führen – in jedem Fall sollte also für den Notfall ausreichend großer Schmuck gewählt werden. Da die Zunge aus Muskeln, durchzogen von zahlreichen Nervenbahnen, besteht ist das Dehnen nicht unbedingt einfach. Um so wichtiger ist es vernünftig und geduldig in kleinen Schritten zu dehnen – siehe dazu unser Special: „Dehnen – Grundlagen des Dehnens“.
Wie bei vielen anderen „Dehnprojekten“ bestimmt auch beim Dehnen des Zungenpiercings maßgeblich die Anatomie die Grenzen des möglichen, allerdings nimmt die Beweglichkeit der Zunge und damit deren Fähigkeiten mit dem wachsenden Durchmesser des getragenen Schmucks ab. Sprachfehler und Einschränkungen beim Ess-Komfort bleiben also nicht aus.
Unser Fazit zum Zungenpiercing
Das Zungenpiercing ist im Grunde gesehen ein recht unkompliziertes Piercing und kann viel Freude machen. Wir hoffen Euch mit diesem Artikel Lust auf ein (oder ein zweites oder mehr) Zungenpiercing (s) gemacht zu haben.
Wir möchten allerdings noch einmal darauf hinweisen das wir uns mit diesem Artikel über das Zungenpiercing an „den Verbraucher“ und die Kunden des Piercers wenden und die hier gezeigte Bebilderung keineswegs eine ausreichende Anleitung für das Selbstpiercen darstellt. Für ein erfolgreiches Zungenpiercing sind weit mehr Schritte notwendig als hier auf Bildern gezeigt und ein Piercer benötigt weit mehr Wissen als hier auf den knappen 6 Seiten vermittelt. Wir raten also (generell – aber besonders beim Zungenpiercing) von Experimenten zu Hause und Hobbypiercern ab.
1 Kommentar zu “Zungenpiercing – die gepiercte Zunge”