Heutzutage ist es nicht allzu schwer ein Piercingstudio in seiner Nähe zu finden – neben den „traditionellen“ Tattoo und Piercing-Studios bieten inzwischen Ärzte, Beauty-Salons und viele andere Gewerbe das „Piercen“ an. Diese nahezu unüberschaubare Masse macht es aber um so schwerer eine/n tatsächlich guten Piercer/in auszumachen?
Der erste Eindruck
Mit pauschalen Aussagen wie „Ärzte können nicht piercen“ oder Ähnlichem kommt man nicht weit! Das Beste ist es Schritt für Schritt vorzugehen und sich einen Überblick zu verschaffen – ein guter Einstieg ist es sich erst einmal mehrere Studios anzuschauen und das Angebot auf dem Markt zu vergleichen. Denn erst wenn man sich über Varianten, Unterschiede und Möglichkeiten im Klaren ist kann man eine fundierte Entscheidung treffen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, denn das Piercen läuft in der Regel hinter verschlossenen Türen ab und ein „über die Schulter blicken“ wird sich nicht so einfach machen lassen. Es gilt also Empfehlungen zu folgen, Freunde / Bekannte zum Piercing-Termin zu begleiten und die Augen auf zu machen denn der erste Eindruck den man bekommt, wenn man ein Piercingstudio betritt kann eine große Hilfe sein.
Ist der Shop / das Studio sauber? Penible Hygiene ist im Bereich der Bodymodification ein wichtiges Thema und sollte von A bis Z in jedem Studio umgesetzt werden. Es lässt sich also oft schon vom „allgemeinen Zustand“ und Aufbau des Studios ableiten. Verstaubte Flächen, volle Mülleimer oder schmutzige Böden sind da nicht vertrauensfördernd. Außerdem sollte unbedingt ein separater und nicht einsehbarer Piercingraum vorhanden sein. Ein seriöses Studio wird Euch niemals „öffentlich“ oder im Großraum in dem auch tätowiert wird piercen.
Ein zweiter Aspekt des so entscheidenden ersten Eindrucks ist die Atmosphäre im Studio. Dies ist eine sehr persönliche Angelegenheit und wird von jedem anders empfunden – dennoch ist es wichtig ein „Studio seines Vertrauens“ zu finden, denn der/die Piercer/in ist der erste Ansprechpartner für alle Belange die das Piercing angehen. Also bei evtl. entstehenden Problemen, Fragen oder zum Schmuckwechsel nach der Ausheilung des Piercings.
Die Beratung
Gerade auch die Beratung vor dem Piercing ist für den ersten Eindruck sehr wichtig! Werden Fragen gerne und ausführlich beantwortet und nimmt man sich Zeit für den Kunden und hält ausreichend Information
bereit? Sicher gibt es auch hier Situationen in denen die Bewertung schwer fällt – auch ein Piercingstudio und ein/e Piercer/in haben „Rush Hour“ und den Laden einmal so voll das nicht viel Zeit für den Interessenten gibt und die ganze Aufmerksamkeit dem Kunden gehört der gerade an der Reihe ist sein Piercing zu bekommen. Man sollte für einen „Schnupperbesuch“ also besser den Mittag oder frühen Nachmittag wählen um keinen falschen Eindruck zu bekommen.
Letzten Endes ist Piercing aber auch eine Dienstleistung und das Bedeutet auch im worst case muss die bestmögliche Aufklärung gewährleistet sein. Auch wenn der Kunde dann ggf. eine Wartezeit in Kauf nehmen muss.
Das leidige Thema: Der Preis
Der zweite und sicher auch nicht unwichtige Punkt für den Verbraucher ist natürlich der Preis. Auch wenn dieser nie ausschlaggebend sein darf ist es wichtig zu beachten das gute Ausbildung des Personals, Arbeitszeit, Miete, Ausstattung, ordentliche Hygiene und Desinfektion und bei richtigem Piercen das Einwegmaterial seinen Preis hat.
Man sollte also den Preis auch im Hinblick auf die zu erbringende Leistung prüfen. Oft locken Händler mit Niedrigpreisen und berechnen dann den Schmuck, das Desinfektionsmittel und weitere Leistungen extra. Also gilt es grundsätzlich schon einmal nach den kompletten Kosten zu fragen – nur so lässt sich vergleichen!
Oft ist eben nicht das günstigste Studio auch das Beste!
Ein gutes Piercingstudio hat neben den „normalen Kosten“ wie Miete, Personal und Steuer zusätzliche Kosten die direkt mit dem Piercen verbunden sind. Da ist der Autocalv für die Sterilisation des Schmucks für den Ersteinsatz und „Werkzeuge“,
das Einwegmaterial (Piercingnadel, Sterilverpackung, Sterilablage, Handschuhe …).
Zu guter letzt ist ein Piercing keine Fliessband-Arbeit und braucht deshalb seine Zeit und Sorgfalt. Schaut man auf den Stundensatz eines Arztes, Rechtsanwalts oder Mechanikers ist der des Piercers gar nicht so hoch!
Ihr Geld wert
Berücksichtigt man neben den „nor-malen Betriebskosten wie Miete, Strom, Wasser, Steuern auch die not-wendigen Materialkosten, Mühe und Zeit der Schmuck und Instrumente-Aufbereitung, wird schnell klar, dass ein Piercingstudio weniger für das schnelle und leichte Geldverdienen taugt. Ein weiterer unverzichtbarer Kostenfaktor für ein Studio ist die Einhaltung des geforderten Hygie-nestandarts. Hier bleibt auch kein Raum für Einsparungen, weder Zeit-noch Materialaufwand lassen sich auf „Sparflamme“ betreiben.
Hygiene im Piercingstudio
Die richtige Arbeitsweise und Hygie-ne sind eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Arbeiten im Piercing und Tattoo Bereich. Daher regelt in Deutschland die Hygieneverordnung des jeweiligen Bundeslandes die Rahmenbedingungen welche als Mindestanforderung an das Piercing und/oder Tattoostudio gestellt werden. Im wesentlichen lässt sich die Hygiene in 3 Gruppen teilen:
1. Die persönliche Hygiene
Die persönliche Hygiene bezieht sich auf ein ein sauberes und gepflegtes Äusseres des Piercers. Darunter fällt das Tragen von sauberer Kleidung, die Haare sollen gewaschen sein, län-gere Haare sollten zusammengebun-den oder in einem Haarnetz getragen werden. Ebenso ist das Waschen der Hände und das gründliche Reinigen der Fingernägel notwendig. Das Arbeiten mit offenen und frischen Wunden an den Armen, Händen oder im Gesicht ist nicht gestattet.
2. Die allgemeine Hygiene
Die allgemeine Hygiene umfasst einen sauberen und aufgeräumten Arbeits-raum ebenso wie eine auf das Notwendigste reduzierte Ausstattung. Ein striktes Rauchverbot im Arbeitsbereich ist einzuhalten, ebenso dürfen sich keine Haustiere im Arbeitsraum aufhalten. Der Boden sollte täglich mit einem Desinfektionsmittel aufgewischt werden, wobei die „Zwei Eimer Methode“ anzuwenden ist.
Alle Arbeitsflächen müssen nach Beendigung des Arbeitsablaufs mit einem zugelassenen, alkoholischen Flächendesinfektionsmittel unter Berücksichtigung der Einwirkzeit gereinigt werden. Handschuhe oder Nadeln sollten nicht aus Kartonverpackungen entnommen werden, sondern aus gut zu reinigenden Spenderboxen. Alle verwendeten Desinfektionsmittelflaschen müssen mit einem Spender (Pumpe oder Sprühkopf) ausgestattet sein. Eine Waschgelegenheit mit Warm- und Kaltwasser sowie eine Seifenspender und Papierhandtücher im Spender muss entsprechend der Hygieneverordnung vorhanden sein.
3. Die Arbeitshygiene
Es gilt „Handschuhpflicht“! Um sich selbst und den Kunden zu schützen wird der Piercer alle Arbeitsschritte nur in Handschuhen ausführen. Diese werden mehrfach gewechselt um die Gefahr der Kreuzkontaminationen zu minimieren. Als Kreuzkontaminationen bezeichnet man das „Mitnehmen“ von Keimen kontaminiertem Materials oder Objekten zu nicht kontaminiertem Material oder Gegenständen durch deren späteren Gebrauch. Es werden soweit möglich Einwegprodukte verwendet. Instrumente werden direkt nach der Verwendung der Aufbereitung zugeführt. Sie werden gereinigt, sterilisiert und verpackt. Die Nadel wird direkt nach Gebrauch in einen dafür geeigneten und gekennzeichneten Container entsorgt. Arbeitsflächen und Liege werden direkt nach Gebrauch desinfiziert.
Was ist Desinfektion und Sterilisation?
Unter Desinfektion versteht man das Abtöten, Reduzieren, Inaktivieren von pathogenen Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilze) das Objekt wird also in einen nichtinfektiösen Zustand versetzt.
Das Ziel der Sterilisation ist eine völ-lige Keimfreiheit durch Abtöten oder Entfernen aller lebensfähigen Vegetativ- und Dauerformen von pathogenen und apathogenen Mikroorganismen.
Methoden der Desinfektion im Piercing-Studio:
Flächendesinfektion:
Alle Flächen werden sofort nach Gebrauch mit einem zugelassenen alko-holischen Flächendesinfektionsmittel benetzt, die vorgeschriebene Einwirkzeit wird beachtet bevor diese dann gewischt werden.
Instrumentendesinfektion:
Alle benutzten Instrumente werden sofort nach Gebrauch in eine Desin-fektionswanne mit zugelassenem Desinfektionskonzentrat gelegt und dort für die vorgeschriebene Zeit belassen. Anschließend werden die Instrumente abgespült und im Ultraschallbad gereinigt. Im letzten Schritt werden die Instrumente gründlich abgespült und mit Papiertüchern abgetrocknet.
Hautdesinfektion:
Die Hautdesinfektion wird nur mit zugelassenen Hautdesinfektionsmitteln vorgenommen, die richtige Einwirkzeit wird beachtet.
Für Schleimhäute werden keine zu scharfen Mittel verwendet, während bei normaler und gesunder Haut alkoholische Desinfektionsmittel benutzt werden.
Händedesinfektionsmittel:
Die Hände und Handschuhe werden vor Arbeitsbeginn mit einem zugelas-senen alkoholischen Händedesinfek-tionsmittel eingerieben, wobei auch hier wieder die korrekte Einwirkzeit berücksichtigt wird.
Methoden der Sterilisation im Piercing-Studio:
Um eine Verbreitung von Viren und anderen Krankheitserregern zu ver-hindern und eine hygienische Abeits-weise zu gewährleisten, ist die rich-tige Sterilisation im Piercing-Studio einer der wichtigsten Punkte. Das zu sterilisierende Gut wird vor der eigentlichen Sterilisation in eine geeignete Verpackungen gegeben. Es werden Steripacks, Sterirollen und Indikatorband oder andere geeignete Mittel verwendet. Für die Sterilisation wird ein Autoklav verwendet. Die vorgeschriebene Sterilisationszeit, Druck und Temperatur wird dabei unbedingt eingehalten. Nach dem Sterlisieren wird das Sterilgut getrocknet und ausgekühlt.
Anschließend wird es in geeigneten Behältern oder Trays gelagert.